Willkommen in den 80er Jahren, wo BHs und Geschmack im Allgemeinen scheinbar Mangelware waren! Aber das stört nicht, denn genau dieser Aspekt, macht "Save Streets" so verdammt interessant und wirkungsvoll, da der Film eine 80er-Jahre Atmosphäre ausstrahlt, wie kaum ein anderer. Wo man anfangs noch dachte, einen knallbunten, trashigen und grundsätzlich schlechten Revenge Film zu sehen, wird man bald eines Besseren belehrt. Denn "Savage Streets" ist im Kern ein kleiner, böser Film, bei dem mir das Lachen über Dauerwellen und Hosenbünden knapp unter den Achseln sehr oft im Halse stecken geblieben ist...
Brenda ist Mitglied der Girl-Gang "Satins", die Mädchen halten zusammen, helfen sich durchs College und manchmal verzetteln sie sich in eher harmlose Raufereien mit anderen Gangs. Als eines Tages jedoch Brendas taubstumme Schwester Heather (Linnea Quigley) von der brutalen Gang der "Scars" am College vergewaltigt wird, mutiert Linda zur knallharten, brutalen Anführerin der "Satins". Von jetzt an machen die Mädchen Jagd auf die "Scars" ...
Was den Film so interessant macht, ist eigentlich seine absolut ernste und breit gefächerte Inszenierung. Denn neben der Vergewaltigung, dem Mord und der anschließenden Rache, gibt es auch wirklich gut ausgearbeitete Subplots wie kleinere Anekdoten rund um Gruppenzwang und Gangzugehörigkeit. In gewisser Weise könnte man denken, dass "Eden Lake" in einigen Szenen gewaltig in Richtung "Save Streets" geschielt hat, denn die Story um Vinnie erinnert stark an Cooper aus James Watkins Film.
Die Schauspieler sind hier auch nicht zu unterschätzen, denn mal abgesehen von typischen Eifersüchteleien zwischen einigen Mädels oder nackten Bitch-Fights unter der Dusche, gibt es hier kein Overacting oder hölzernes Dialog Gedresche. Vorallem Linda Blair als Anführerein Brenda verleiht ihrem Charakter viel Tiefe und kleinere Randbemerkungen wie den Tod ihres Vaters, sieht man ihr sprichwörtlich an. Diese Form der Charakterbindung ist wahrscheinlich auch der Grund, weswegen die Vergewaltigung ihrer taubstummen Schwester Heather so unbeschreiblich hart einschlägt. Während sie kurz vorher zwar noch ziemlich forciert in der Turnhalle rumhopst, tut sie einem spätestens dann leid, als sie (naiv wie sie ist) von einem dieser Spandexhosen-Rowdies verführt und anschließend von der ganzen Gang missbraucht wird. So wenig ich normalerweise von Linnea Quigley halte: hier hat sie mich überzeugt.
Was dem Film aber auf der Zielgeraden etwas an Punkten raubt, ist die Rache am Ende. Das hier ist nicht "Ich Spuck Auf Dein Grab" wo Camille Keaton freudig am Schwanzabschneiden ist, sondern hier fällt der Rachepart gewaltig vom Rest des Filmes ab. Gore darf man nicht erwarten, genausowenig wie harte Killszenen. Und zusätzlich ist das Finale in dieser Stofffabrik auch mit einigen Längen durchzogen, die einfach nicht hätten sein müssen. Vorallem deswegen nicht, weil der eigentlich relativ dialoglastige und charakterbezogene Aufbau von mehr als einer Stunde wesentlich tiefgehender war, als die anschließende Hatz durch das Fabrikgebäude.
Trotzdem ist "Savage Streets" für mich eine absolute Überraschung. Vorallem die Schauspieler machen hier einen fantastischen Job und trotz seines bunten, 80er Jahre Feelings, kann man den Film zu jeder Sekunde ernstnehmen. Diesen Effekt hat bisher bloß "Die Klasse von 1984" bei mir erreicht und wer an so einer Art Film Gefallen gefunden hat, kommt an "Save Streets" wirklich nicht vorbei.